Geschichte

Geschichte des Schwimmbad Linderhohl

Die Vorkriegsjahre


Die Geschichte des Linderhohl reicht lange zurück: Im Jahr 1927, kurz vor der großen Weltwirtschaftskrise, wurde am Standpunkt unseres heutigen Naturschwimmbades bereits ein erstes Freibad errichtetet, welches zu dieser Zeit in der Region einmalig war. Gute Kontakte des damaligen Bürgermeisters der Gemeinde Grenzhausen, Paul Viehmann, nach Berlin brachten die notwendigen Zuschüsse für dieses ehrgeizige Vorhaben. Im Jahr 1928 konnte dann schließlich das erste "Licht- und Luftfreibad" eröffnet werden. Da damals Personen, welche schwimmen konnten, Mangelware waren, wurde das Bad im ersten Jahr von einem Nichtschwimmer als Bademeister geleitet. Dann bewarb sich Hans Galle um diese Stelle und bewirtschaftete das Freibad gemeinsam mit seiner Familie über viele Jahrzehnte. Als mit Sand versehenes Strandbad diente es über lange Zeit der gesamten Umgebung als Bademöglichkeit. Selbst aus der Stadt Koblenz kamen Badegäste - in Ermangelung eines eigenen Schwimmbades - mit der Straßenbahn nach Grenzhausen.


Wiederaufbau und Betrieb im 20. Jahrhundert


In den Kriegsjahren wurde das Linderhohl von der Wehrmacht als Munitionslager genutzt und infolge der Sprengungen von Munition im Beckenbereich stark beschädigt. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen waren notwendig geworden. Es fanden sich jedoch auch in der Nachkriegszeit engagierte Bürger, welche durch Spendensammlungen und persönlichen Einsatz unter Federführung von Hans Galle ihr Freibad sanierten. In der Folgezeit erfuhr das Schwimmbad nur geringfügige Änderungen an seiner ursprünglichen Bauweise. So entfernte man beispielsweise den Sand und legte Rasenflächen an. Durch Veränderungen politischer Strukturen ging das Eigentum am Freibad von der Gemeinde Grenzhausen auf die Stadt Höhr-Grenzhausen und später auf die Verbandsgemeinde über. Die politischen Entscheidungsgremien diskutierten, insbesondere ab den 70-Jahren, zahlreiche Neubau- oder Sanierungsvarianten. Man investierte viel Geld in Planungen, jedoch wurden kaum die notwendigsten Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Mit dem Tod von Herrn Galle verlor das Bad seinen engagiertesten Verfechter. 



Schließung des "alten" Linderhohl und Umbau zur Schwimmteichanlage


Das vorläufige Ende des „alten“ Schwimmbades Linderhohl kam 1994. Erstmalig folgte nun ein Sommer, in dem in Höhr-Grenzhausen keine Bademöglichkeit mehr vorhanden war. Ein Freibad, mit dem viele Kindheitserinnerungen der Bürgerinnen und Bürger verbunden war und wo die Allermeisten bei Hans Galle schwimmen gelernt hatten, wurde scheinbar dem Verfall preisgegeben. Dies durfte nicht das letzte Wort sein, sagten sich auch die Gründer des "Fördervereins Schwimmbad Linderhohl" im Jahre 1995. Zielsetzung des eingetragenen Vereins war fortan das Thema Schwimmbad im Bewusstsein von Bevölkerung und Kommunalpolitik wach zu halten, Spenden zu sammeln, nach preiswerten Sanierungsmöglichkeiten zu suchen und auf kommunalpolitischer Ebene für die Erhaltung dieses idyllisch gelegenen Freibades einzutreten. Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der zahlenden Vereinsmitglieder auf über 150 und es wurden über 18.000 DM Spendengelder gesammelt. Von den Vereinsmitgliedern und örtlichen Handwerkern wurden zudem die notwendigsten Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, um den weiteren Verfall der Bausubstanz zu stoppen. So konnte vorübergehend der Kiosk- und Campingbetrieb wieder aufgenommen und jährlich ein gut besuchtes Schwimmbadfest durchgeführt werden. In den Jahren 1995/96 bemühte sich der Verein mit Unterstützung der örtlichen Fachkompetenz um technische Lösungen der Beckensituation und der Wasseraufbereitung. Es wurden Bäder besichtigt, mit Schwimmbadplanern vor Ort diskutiert, vorhandene Planunterlagen und Gutachten der Verbandsgemeinde herangezogen. Verschiedene Varianten, wie Edelstahlbecken oder Folienbecken untersucht und schließlich, unter maßgeblicher Beteiligung von Vereinsmitglied Klaus Klein, eine Machbarkeitsstudie erstellt. Alle diese Bemühungen dienten dem Ziel, der Verbandsgemeinde kostengünstige Lösungsvorschläge zur Erhaltung des Schwimmbades aufzuzeigen. 

 

Der erste große Erfolg auf kommunalpolitischer Ebene, konnte dann auf der Sitzung des Verbandsgemeinderates am 18.03.96 verbucht werden, als der Rat in öffentlicher Sitzung mit großer Mehrheit und unter starker Bürgerbeteiligung einen Grundsatzbeschluss zur Sanierung und Wiederinbetriebnahme des Schwimmbades Linderhohl fasste. Verwaltung und Förderverein bemühten sich intensiv kostengünstige Lösungen zu finden, als im September 1998 der Bauamtsleiter Gerd Weber bei der Lektüre der Frankfurter Rundschau auf einen interessanten Artikel stieß: Die Gemeinde Uslar in Hessen hatte ihr 70 Jahre altes, sanierungsbedürftiges Freibad in einen naturnahen Schwimmteich zurückgebaut.Eine ähnliche Anlage war in der Gemeinde Ulrichstein/Vogelsberg realisiert worden. Vertreter des Fördervereins und der Verbandsgemeindeverwaltung machten sich umgehend auf den Weg, die beiden Schwimmteichanlagen zu besichtigen und mit den Verantwortlichen vor Ort zu sprechen. Nach ihrer Rückkehr waren alle Teilnehmer der Exkursion begeistert und der Überzeugung, dass mit dieser Alternative aus der Not (knappe Finanzen) eine Tugend (naturnaher Schwimmteich, ohne Chemie) gemacht werden konnte.

 

Das Büro für Landschaftsplanung Birkigt-Quentin wurde in der Verbandsgemeinderatssitzung vom 08.02.99 mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie und einer Kostenschätzung beauftragt. Nachdem nun die Schwimmbadfrage eine überraschende Wende genommen hatte, wurde dieser Tatsache auch auf der Jahreshauptversammlung des Fördervereins am 19.05.99 Rechnung getragen und die Satzung einstimmig geändert. Der Verein wurde umbenannt in "Förderverein Linderhohl" und die Satzungspassage, welche auf die Erhaltung des alten Schwimmbades Bezug nahm, entsprechend abgeändert.Am 03.05.99 beschloss der Verbandsgemeinderat in einer öffentlichen Sitzung den Neubau der Schwimmteichanlage Linderhohl und den Baubeginn in 2000. In den Jahren 2000/2001 wurde das vorhandene Freibad in eine der ersten Schwimmteichanlagen mit biologischer Wasseraufbereitung umgebaut. Die naturnahe Schwimmteichanlage mit Sprungfelsen, Wasserkaskaden und Rutschanlage prägte fortan die sommerliche Freizeitgestaltung in der Verbandsgemeinde.


Umfassende Sanierung und Wiedereröffnung 2022


Nach der Badesaison 2017 musste die Schwimmteichanlage, die sich in Eigentum und Trägerschaft der Verbandsgemeinde befindet, jedoch aufgrund von neuen Vorgaben stillgelegt werden. Im Vordergrund stand nun die umfängliche Sanierung der Schwimmanlage mit besonderem Augenmerk auf die Sicherheit und dem Erhalt der biologischen Wasseraufbereitung bei gleichzeitiger Einhaltung von höchsten Hygieneansprüchen. Aufgrund der erheblichen Sanierungskosten stellte die Verbandsgemeinde 2018 einen Zuschussantrag beim Bund, der im April 2019 zunächst negativ beschieden wurde. Daraufhin wurde entschieden, die Sanierung nötigenfalls auch ohne Fördermittel durchzuführen. Doch unverhofft kommt oft: Im März 2020 erreichte Höhr-Grenzhausen die Nachricht, dass der Bund die Sanierung im Rahmen des Bundesförderprogrammes „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ nun doch fördern wolle. Schlussendlich wurde die Sanierung vom Bundesinnenministerium mit rund 850.000 Euro gefördert. 

Wie bei Baumaßnahmen dieser Größenordnung verständlich, offenbarten sich auch im Linderhohl zunächst unvorhergesehene Komplikationen. So wurde bei der Freilegung der Wände und Böden des ehemaligen Schwimmbeckens der ursprünglichen Anlage festgestellt, dass diese zu Dichtungszwecken mit einer PCB-haltigen und damit giftigen Farbe gestrichen waren. Um diese Farbschicht nicht als Altlast zu belassen, wurde die oberste Farb- und Putzschicht in einer Stärke von 5 Millimetern in aufwendigen Arbeiten auf einer Fläche von 1000 Quadratmetern abgetragen. Nicht nur diese zusätzlichen Arbeiten trugen dazu bei, dass im Februar bereits 300.000 Euro an Mehrkosten zu verzeichnen waren. Zwei Drittel dieser Summe entfielen allein auf die angefallene Menge an Bauschutt. Statt den veranschlagten 10 Tonnen fielen rund 120 Tonnen Beton an, der entsprechend entsorgt werden musste. Auch die mittlerweile allgegenwärtigen Lieferproblematiken führten zu unvorhergesehenen Verzögerungen. Das komplett erneuerte Becken wurde statt der bisherigen Kiesabdeckung mit einer Folie ausgelegt, um einen ungetrübten Blick in jeden Beckenbereich zu gewährleisten. Zudem wurden neue Frischwasserleitungen verlegt und eine Neukonzeption des Eingangbereiches mit Drehkreuz vorgenommen. Die eigentlich für Mai geplante Eröffnung musste daher in den Juli verschoben werden.  


Das "neue" Schwimmbad Linderhohl: Ein Bad für die Zukunft


Trotz der Widrigkeiten öffnet das Schwimmbad Linderhohl am 23. Juli pünktlich zu Beginn der Sommerferien wieder seine Pforten für die zahlreichen badehungrigen Besucher aus der Verbandsgemeinde. Die umfangreichen Bau- und Sanierungsmaßnahmen haben das Erscheinungsbild der ehemaligen Schwimmteichanlage grundlegend geändert. Die Anlage beinhaltet nun ein großes Schwimmerbecken mit einer 50-Meter-Bahn, gesonderte wie integrierte Nichtschwimmerbereiche, ein separates Kinderbecken sowie eine Rutschanlage, ein Klettergerüst sowie Sandspielflächen. In Zahlen ausgedrückt steht den Besuchern ein Schwimmerbereich mit 840 m² Fläche und einer Wassertiefe von 1,80 – 2,00 Metern zur Verfügung. Für Nichtschwimmer sind zwei separate Flächen vorgesehen, die rund 1450 m2 einnehmen. Für Kleinkinder steht ein Bereich mit 90 m² Wasserfläche bereit, der über einen eigenen Zulauf aus dem Wasserfilter versorgt wird und über einen Bodenablaß allabendlich geleert wird. Die Schwimmbereiche sind durch eine Rampe barrierefrei zugänglich. Wie es sich für ein Freibad gehört, stehen den Besuchern natürlich auch umfangreiche Liegeflächen zur Verfügung. Auch wenn sich das Erscheinungsbild der ehemaligen Schwimmteichanlage geändert haben mag, so steht der ökologische Aspekt nach wie vor im Mittelpunkt: weiterhin wird bei der Reinigung des Wassers auf Chemie verzichtet, die biologische Wasseraufbereitung setzt stattdessen auf die Reinigung durch Pflanzen und Granulat.