Verbandsgemeinde

Neufassung des Kommunalen Finanzausgleichs zwingt Stadt und Gemeinden zur Anpassung der Steuerhebesätze


Mit seinem Urteil vom 16. Dezember forderte der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof das Land auf, den Kommunalen Finanzausgleich neu (kurz KFA) zu regeln. Die Hoffnungen auf eine bessere finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden haben sich jedoch mittlerweile vielerorts zerschlagen.

Stattdessen bleibt es leider den Kommunen überlassen die schlechten Nachrichten zu überbringen, bzw. umzusetzen: Um den neuen Vorgaben des Landes Rechnung tragen zu können, wird auf viele Bürgerinnen und Bürger eine finanzielle Mehrbelastung zukommen, in Form der Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer. Dabei sind Grund- und Gewerbesteuern eine der wenigen Einnahmequellen der Kommunen, die überhaupt an eine sich ändernde Finanzlage angepasst werden können. Dieses Instrument wurde den rheinland-pfälzischen Kommunen nun jedoch vollends aus der Hand genommen, indem eine Anhebung der Hebesätze durch die Neuregelung des KFA so gut wie unumgänglich ist.

Die Neuregelungen durch den KFA sind jedoch klar zu trennen von der ebenfalls in der Umsetzung befindlichen bundesweiten Grundsteuerreform abzugrenzen.

Exkurs: Hebesatz Der Hebesatz ist ein wichtiger Faktor, der von den Kommunen jährlich festgesetzt wird, um Grund- oder Gewerbesteuern zu berechnen. Diese werden mit der Formel: Grundsteuermessbetrag x Hebesatz = jährliche Grundsteuer berechnet. Beispiel wäre ein Einfamilienhaus mit dem Einheitswert (Achtung, nicht mit Verkehrswert zu verwechseln) von 25.000 Euro. Bei einer Grundsteuermesszahl für Einfamilienhäuser von 2,6 ‰ ergäbe sich bei dem nun anzulegenden Hebesatz von 465 Prozent (25.000 Euro x 2,6 ‰ x 465 Prozent) eine Grundsteuer von jährlich 302,50 Euro. In der Stadt Höhr-Grenzhausen beispielsweise wurde bislang ein Hebesatz von 405 Prozent (263,25 Euro) angewandt.

 

Denn mit der vom rheinland-pfälzischen Landtag beschlossenen Neuregelung des Landesfinanzausgleichgesetzes geht eine Erhöhung der Nivellierungssätze einher. Das bedeutet, dass die nunmehr vorgesehene Anpassung der Nivellierungssätze bei der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen) von 300 Prozent auf 345 Prozent, bei der Grundsteuer B (unbebaute und bebaute Grundstücke) von 365 Prozent auf 465 Prozent und der Gewerbesteuer von 365 Prozent auf 380 Prozent vorgesehen sind.

Damit die unterschiedlichen Hebesätze in den rheinland-pfälzischen Kommunen vergleichbar sind, setzt das Land Nivellierungssätze der Realsteuern fest. Ab 2023 werden alle Kommunen im Finanzausgleich so bemessen, als würden überall die gleichen örtlichen Realsteuersätze (Hebesätze) gelten.

Die Folge ist, dass eine Gemeinde mit einem Hebesatz, der unter den nun festgelegten Nivellierungssätzen liegt, „reicher“ gerechnet wird als sie ist. Die Kommunen sind defacto gezwungen, ihre Hebesätze anzupassen.

Anhebung der Hebesätze scheint alternativlos

Stadt und Ortsgemeinden haben momentan Hebesätze der Grundsteuer B (Bauland) von 365- 405  Prozent. Nach der Vorgabe des Landes muss dieser nun auf sage und schreibe 465 Prozent erhöht werden. Andernfalls drohen den Gemeinden ernste Konsequenzen:

  • Die Verbandsgemeindeverwaltung initiiert und organisiert im Auftrag der Kommunen eine Vielzahl von Projekten, bei denen auf Fördermittel zurückgegriffen wird. Schöpft eine Kommune jedoch nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Einnahmemöglichkeiten aus, ist der Erhalt von Landeszuschüssen und weiteren Fördermitteln ausgeschlossen. Infolge könnte die Finanzierung von geplanten und dringend notwendigen Projekten unmöglich werden.

 

  • Liegt der Hebesatz in einer Gemeinde unter dem neuen Nivellierungssatz des Landes, wird die Gemeinde im Zuge der Berechnung der Steuerkraft auf den fiktiven Nivellierungssatz angehoben. Dies hat zur Folge dass die Kommune Umlagen (Verbandsgemeinde- und Kreisumlage) auf Einnahmen zahlt, die sie gar nicht generiert– kurzum, eine enorme finanzielle Mehrbelastung, die so kaum zu stemmen wäre.

 

  • Erfolgt eine Anhebung der Hebesätze nicht und kann dadurch der Haushaltsplan bzw. die Haushaltssatzung nicht in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen dargestellt werden, droht zudem, dass die Haushaltspläne der Kommunen nicht genehmigt werden, womit die Kommunen in vielerlei Hinsicht handlungsunfähig werden würden.

 

Nach Ansicht der Landesregierung soll die Neukonzeption des KFA dem Leitbild gleichwertiger Lebensverhältnisse im Land Rheinland-Pfalz folgen.  Die vom Land de facto geforderten Steuererhöhungen „durch die Hintertür“ gehen nun jedoch gerade in Krisenzeiten zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. Auch die Kommunen der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen können sich dem nicht entziehen. Eine Ausnahme stellt die Ortsgemeinde Hillscheid dar: Hier soll es aufgrund der Finanzlage bei den vorherigen Hebesätzen bleiben.