ortsgemeinde Kammerforst

Klimaschutz zum Anfassen


Das Pflanzen von Bäumen kann einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten. In Kammerforst haben sich die Verantwortlichen, d.h. der Gemeinderat in Zusammenarbeit mit der Forstorganisation, für eine nachhaltige Wiederbewaldung entschieden. Dabei setzen wir zuallererst auf die Kraft der Natur, die uns in unserem Gemeindewald bereits eine ansehnliche Naturverjüngung geschenkt hat. Neben Fichten und Douglasien, so haben Erfahrungen vergangener Jahre gezeigt, wachsen ohne weiteres Zutun vor allem Birken, Holunderbüsche, Brombeergestrüpp und Adlerfarn auf unseren Brachflächen. Um innerhalb der kürzest möglichen Zeitspanne einen möglichst diversen und klimastabilen Baumbestand zu erhalten, haben wir uns entschlossen, die Natur durch gezielte Aufforstungsmaßnahmen zu unterstützen.

Was ist der richtige Weg?

Diese Frage lässt sich kaum beantworten. Wir nehmen wahr, dass die Themen Aufforstung und Forstwirtschaft sehr kontrovers diskutiert werden und denken, dass es valide Argumente auf unterschiedlichen Seiten gibt. Für Kammerforst leiten wir ab, dass ein Weg angebracht ist, der unterschiedliche Aspekte integriert – sozusagen ein gesunder Mittelweg. Es liegt nahe, dass wir die wirtschaftliche Nutzung unseres Waldes in seiner bisherigen Form  überdenken müssen. Gleichwohl war der Wald bislang für unsere Ortsgemeinde ein nennenswerter Wirtschaftsfaktor. Dies und auch die Tatsache, dass Holzprodukte und die damit verbundene Speicherung von CO2 sowohl der Wirtschaft als auch dem Klimaschutz nutzen veranlasst uns, der Forstwirtschaft auch in Zukunft ein gewisses Gewicht zu geben. Nun führen andere Stimmen an, die Speicherung von CO2 im Waldboden und im stehenden Baumbestand sei unter Umständen langfristiger als die C02-Bindung in Bau- oder Möbelholz. Auch das ist wahr! Deshalb werden wir Teile unseres Gemeindewaldes aus der Bewirtschaftung herausnehmen und zu Ruhezonen machen. Was wir darüber hinaus tun können, werden wir gemeinsam mit unserer Forstorganisation entwickeln. Sicher ist, dass wir uns keine Entscheidung leicht machen, sondern, dass wir im Vorfeld Sachverhalte, Positionen und Möglichkeiten ausführlich und aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutieren.

Kriterien der Wiederbewaldung in Kammerforst

Doch zurück zur Nachhaltigkeit unserer Wiederbewaldung. Was bedeutet „nachhaltig“ in diesem Zusammenhang? Auf jeden Fall, dass wir Baumarten auswählen, die laut den Experten vor Ort zu unserem Standort passen – genau genommen zu unseren Standorten. Denn längst nicht jeder Bereich in unserem Wald bietet gleichermaßen günstige Lebensvoraussetzungen für unterschiedliche Baumarten. Nordwestlich der Kreisstraße K 116 (Bahnhofstraße) beispielsweise haben wir in einer Bürgeraktion am 6. und 13.11.2021 vor allem Roteiche und Schwarznuss, die eng mit der Walnuss verwandt ist, angesiedelt. Neben der Standorteignung beider Arten gilt besonders die Roteiche als klimastabil. Wie sich unser „neuer“ Wald tatsächlich entwickelt, wird die Zukunft zeigen.

Die jüngste Aufforstungsaktion

Am 6. November trafen sich zwischen 25 und 30 Helferinnen und Helfer an der K 116, um für unseren Wald und damit auch für den Klimaschutz aktiv zu werden. Die 15 Freiwilligen aus Kammerforst wurden von weiteren Kräften unterstützt, die unter anderem aus Alsbach, Hillscheid, Höhr-Grenzhausen, Koblenz, Marienrachdorf und Niederwerth kamen. Einige von ihnen hatten über die Umweltagentur Patent Western bzw. das Hilfsnetzwerk „Wäller helfen“ Baumpatenschaften erworben und wollten nun „ihre“ und viele weitere Bäume in die Erde bringen. Jana Petzold (50) und Gerhard Hausmann (40) aus Kammerforst waren zwei der Baumpaten, die es sich nicht nehmen lassen wollten, selbst Hand anzulegen. Die ausgebildete Krankenschwester und der Projektleiter in der Automobilbranche hatten sich zuvor schon bei der Bewältigung der Flutkatastrophe im Ahrtal engagiert. Schilderungen von Arbeitskollegen aus der betroffenen Region und eigene Eindrücke von den Folgen der Katastrophe hatten es den beiden unmöglich gemacht, nicht zu helfen. Die „kriegsähnlichen Zustände“ hätten sie und ihren Partner schockiert, so Jana Petzold, und sie dazu motiviert, nicht nur einmalig zu helfen. Über organisierte Bustransfers von „Wäller helfen“ seien sie mehrfach im Einsatz gewesen. 
Für Jana und Gerhard ist klar: Ein Unglück kann jeden treffen! Und wären sie selbst betroffen, sie wären ohne Zweifel für jede Hilfe dankbar. Umso mehr wissen sie zu schätzen, wie gut es ihnen selbst geht. Die Entwicklung unserer Umwelt liegt den beiden Kammerforstern nicht erst seit dem Ahrtal-Unglück oder den aktuellen Waldschäden am Herzen. Seit mehreren Jahren sammeln sie z. B. herumliegenden Müll ein und führen ihn einer ordnungsgemäßen Entsorgung zu. Ihre Antwort auf die Frage nach den wichtigsten Voraussetzungen für Naturschutz und den Kampf gegen den Klimawandel: mehr Achtsamkeit und Bewusstsein. 
Bei unserer Aufforstungsaktion haben sie beherzt mitangepackt. Ursprünglicher Auslöser war ihre eingangs erwähnte Baumpatenschaft, die Freunde ihnen geschenkt hatten. Doch auch ohne dieses Geschenk wären sie dem Aufruf zum Mithelfen gefolgt, sagt Jana – damit der Wald in ihrem Heimatdorf wieder gut ans Wachsen kommt. So wie die anderen Helfer, erhielten sie eine fachliche Anleitung von unserem Revierförster Detlev Nauen. Der sogenannte „Göttinger Fahrradlenker“, ein spezieller Pflanzspaten, ermöglichte ein effizientes Arbeiten. Dass dieses Werkzeug in ausreichender Menge vorhanden war, verdanken wir unserem Revierförster und der Baumschule Lürssen von der Denzerheide. Dank eines planvollen Vorgehens entlang zuvor ermittelter Pflanzlinien gelang es, die Setzlinge sinnvoll auf der verfügbaren Fläche zu verteilen. Und übrigbleiben musste am Ende auch kein Exemplar. In den kommenden Jahren wird die Natur das ihrige dazutun und ein neues Waldbild formen. Eine erste Naturverjüngung war auf der bearbeiteten Fläche schon auszumachen und wurde bei der Pflanzplanung berücksichtigt.

Die Bilanz der Aktion 

Die Initiative zu dieser Baumpflanzaktion begrüße ich nach wie vor sehr. Alle Helferinnen und Helfer waren unglaublich engagiert und haben gemeinsam Großartiges geleistet! Bei dem harten körperlichen Einsatz durfte es auch an einer Stärkung nicht fehlen. Tat es auch nicht: Nina Heibel und Natascha Ernst sorgten für zwei schmackhafte Eintöpfe und mehr. 
Trotz des großen gemeinschaftlichen Engagements bei der Pflanzung bekamen wir am 6.11. leider nicht alle 1.200 Setzlinge in den Boden. Auch das Anbringen der Schutzgitter war zu viel Arbeit angesichts der überschaubaren Größe unserer Gruppe. Also mobilisierten die Ortsgemeinde Kammerforst und Patent-Western-Inhaber Florian Havranek für den Folgesamstag (13.11.) erneut Helfer. Das Ergebnis: knapp 20 Freiwillige, die Hälfte von ihnen aus Kammerforst. Sechs der Kammerforster waren bereits am Samstag zuvor anwesend. Trotz aller Bemühungen sind auch nach dem 13.11. noch einige der Pflanzen mit Schutzgittern zu versehen. Dies werden wir nun sukzessive erledigen – für alle, die hierbei helfen, sind wir sehr dankbar! 
Abschließend bedanke ich mich bei jeder und jedem Einzelnen herzlich für die geleistete Arbeit am 6. und 13.11.2021. Ebenso richte ich meinen ausdrücklichen Dank nochmals an alle privaten, gewerblichen und öffentlichen Spender.

Gleichwohl mischt sich in meine Dankbarkeit für den Einsatz der Anwesenden am Ende auch Ernüchterung. Ernüchterung, dass die Beteiligung insgesamt doch recht überschaubar war. Ernüchterung, dass sehr wenige Teilnehmer unter 40 Jahren dabei waren – größtenteils waren es 40- bis 75-Jährige. Ich glaube, wir brauchen noch mehr tatkräftiges Engagement für gemeinschaftliche Belange. Immer wieder gibt es positive Beispiele, die zeigen, was möglich ist – auch seitens der „jüngeren Generation“. Vielleicht erklärt sich die Zurückhaltung bei diesem Einsatz im Wald ja teilweise mit der aktuellen Corona-Situation. Dennoch sehe ich anhand meiner bisherigen Erfahrungen noch deutlich Luft nach oben, was die allgemeine Beteiligung betrifft. Auch in Kammerforst. 

Kevin Heibel, 
Ortsbürgermeister


Fotos: Daniela Görlich